
Nearshoring: Mexiko als Tor zur Welt
Sep 26, 2024
3 min read
2
8
0

Laut der Interamerikanischen Entwicklungsbank (BID) bemisst sich das kurz- mittelfristige wirtschaftliche Potenzial des Nearshoring-Trends für die Region Latein Amerika auf bis zu 78Mrd USD an zusätzlichen Exporten. Die größten Opportunitäten liegen dabei in der Automobil-, Textil- und Pharmazeutischenindustrie, sowie in dem Bereich der erneuerbaren Energien. Das Land mit dem größten wirtschaftlichen Potenzial in der Region ist Mexiko mit bis zu 35,3Mrd USD an zusätzlichen Exporten[1].
Schon vor der COVID- 19 Pandemie haben politische Spannungen zwischen den USA und China und die Neuauflage des Freihandelsabkommen NAFTA (seit 2020 USMCA) den Nearshoring- Trend, also die Verlagerung der Produktion mit Nähe zum Endverbraucher, inzentiviert.
Ähnlich wie China Plus One beschreibt Nearshoring eine strategische Verlagerung der Lieferketten mit dem Ziel Resilienz zu erhöhen, Effizienz zu erhalten und Lieferzeiten sowie Kosten zu senken. Von diesen Tendenzen profitieren vor allem industrialisierte Schwellenländer wie Mexiko oder Vietnam.
Nach Zahlen der International Chamber of Shipping (ICS) wird rund 90% des Welthandels durch Frachtschiffe transportiert[2]. Gleichzeitig erlitten im Jahr 2021 sechs von zehn Frachtschiffen weltweit erhebliche Verzögerungen in Ihren Transportruten[3]. Unter anderem die Schliessung von Häfen und Fabriken führte zu massiven Unterbrechungen der weltweiten Wertschöpfung, was das Paradigma der Kosteneffizienz, “Just-in-time”, in den globalen Lieferketten in Frage stellte.
Während die angespannten Handelsbeziehungen zwischen den USA und China, sowie die erhöhten lokalen Wertschöpfungsvorgaben durch USMCA für knapp 50% der ausländischen Firmen ein Grund dafür waren ihre Investitionen in Mexiko zu erhöhen, war für rund ein Drittel der befragten Firmen die COVID-19 Pandemie und der Krieg von Russland in der Ukraine ausschlaggebened, laut einer Umfrage der Banco de Mexico[4].
Im Bericht über die regionale Wirtschaft vom zweiten Quartal 2022 der mexikanischen Zentralbank geben bereits 16% der mexikanischen Unternehmen mit mehr als 100 Mitarbeitern an, dass Sie in den letzen 12 Monaten durch gestiegene Nachfrage und/oder Investitionen von ausländischen Unternehmen profitiert haben.
“Nearshoring ist ein sehr aktuelles Thema für Mexiko, denn man sieht zunehmend Investitionen von asiatischen, amerikanischen und europäischen Unternehmen in Produktionstätten in Mexiko um Logistikosten zu senken, Risiken in den Lieferketten zu minimieren und von dem USMCA- Freihandelsabkommen zu profitieren”, bestätigt Edwin Schuh, Direktor fuer Mexiko und Kuba bei Germany Trade & Invest.
Während die Nähe zu den USA, dem größten Verbrauchermarkt weltweit, und das USMCA- Freihandelsabkommen sicherlich die offensichtlichsten Argumente sind, gibt es viele Gründe warum internationale Unternehmen verstärkt Mexiko als Produktionsstandort und für ausländische Direktinvestitionen in Betracht ziehen.
Als Mitglied der World Trade Organization (WTO), der Asia- Pacific Economic Cooperation (APEC), der G-20, der Organization for Economic Cooperation and Development (OECD) und der Pacific Alliance unterhält Mexiko 13 Freihandelsabkommen mit 50 Ländern[5].
Ausserdem ist Mexiko Vorreiter in Latein Amerika in dem Ease of Doing Business Index der Weltbank bei dem nur Chile in der Region besser abschneidet. Die Leichtigkeit der Geschäftsabwicklung ist in Mexiko auch höher als in Vergleichbaren Schwellenländern wie Indonesien oder Vietnam[6].
Weiterhin sind die Lohn- und damit die Produktionskosten in Mexiko konstant niedrig, auch im Vergleich zu anderen Schwellenländer. So haben sich die Reallöhne in China seit 2008 mehr als verdoppelt und in Brasilien und Russland legten sie um ein knappes Drittel zu. Währendessen ist Mexiko das einzige Schwellenland der G20 in dem die Reallöhne im gleichen Zeitraum signifikant abgenommen haben[7]. Insgesamt hätten Unternehmen, die ihre Produktion von China nach Mexiko verlagern, durchschnittlich 23% niedrigere Betriebskosten[8].
Zu guter letzt bietet der Produktionsstandort Mexiko durch seine geographische Nähe niedrigere Lieferzeiten zum Endverbraucher in den USA und Europa, als z.B. die Produktion in Brasilien, China oder Indien. Dadurch sind auch Zeitverschiebungen geringer und kulturelle Hürden niedriger.
Trotz der oben genannten Vorteile bleibt eine sorgfältige Plannung und Analyse unabdingbar für erfolgreiche Investitionen in Mexiko. Regionale Unterschiede in den 32 mexikanischen Bundesstaaten können das Geschäftsumfeld stark beeinflussen, von der Verfügbarkeit von lokalen Arbeitskräften bis zur notwendigen Infrastruktur. Somit ist die Standortwahl im Land genauso wichtig wie die Zusammenarbeit mit vertrauensvollen lokalen Partnern.
[1] https://www.iadb.org/es/noticias/nearshoring-agregaria-us78000-millones-en-exportaciones-de-america-latina-y-caribe
[2] https://www.ics-shipping.org/publication/shipping-policy-principles-for-pandemic-recovery/
[3] https://unctad.org/webflyer/review-maritime-transport-2021
[4] https://www.banxico.org.mx/publicaciones-y-prensa/reportes-sobre-las-economias-regionales/reportes-economias-regionales.html
[5] https://www.trade.gov/country-commercial-guides/mexico-trade-agreements#:~:text=Mexico%20has%2013%20Free%20Trade,Agreement%20for%20Trans%2DPacific%20Partnership.
[6]https://data.worldbank.org/indicator/IC.BUS.EASE.XQ?end=2019&most_recent_value_desc=false&start=2019&view=map
[7] https://www.ilo.org/global/publications/books/WCMS_762534/lang--en/index.htm
[8] https://www.pwc.com/mx/es/servicios-consultoria/eficiencia-cadena-suministro.html